Heute hat jemand nach mir gefragt, indem er sinngemäss sagte:
"Wo ist der Heilige?" Diese Titulierung ehrt mich natürlich unglaublich, wenn sie vielleicht auch leicht übertrieben sein könnte.
 |
Einzugsschnur in ihrer natürlichen Umgebung: einem Multimediarohr, das zunächst Leerrohr bleibt. |
Wir Reformierten tun uns ja eher schwer mit dem "Heiligen". Eigentlich kennen wir nichts Heiliges, ausser einzig und alleine die heilige Schrift des alten und neuen Testaments. Oder als Reformierte sind alle Menschen heilig, weil alle Menschen, egal, was sie auf dem Kerbholz haben, durch die Gnade Christi heilig und rein sind, immer wieder durch die Gnade heilig und rein werden.
 |
Einzugsschnüre in der Steigzone führen bisweilen auch zu einem Durcheinander |
Ich sehe im Begriff "Heilig" eher einen Prozess, denn einen Zustand, es ist der Prozess des Freiwerdens von Sünde. Als Reformierte kennen wir keine heiligen Gegenstände, Gegenstände sind für uns immer profan, irdisch, was auch für die Bibel als Buch gilt, nicht das Buch als Papierhaufen ist heilig, sondern dessen Inhalt, das Wort. Doch bei uns auf der Baustelle hat sich doch etwas Heiliges eingeschlichen. Ich habe dieses Heiligtum eingeführt oder wollen wir sagen, ich habe damit die Baustelle verseucht.
Die heilige Einzugsschnur!
Als ich auf die Baustelle kam, begegnete unser Chef der Einzugsschnur mit grösster Skepsis. Nach grosser Evangelisation diesbezüglich hat er mir einen Knäuel bestellt, und mir diesen mit den Worten überreicht
"Hie hesch dini Schnuer, aber wenn de wieder vo dere Boustell geisch chunt die de mit" Ich weiss nicht, wie viele Knäuel dieser Schnur wir bis heute eingezogen haben, was ich weiss, sie wäre nicht mehr von unserer Baustelle wegzudenken - und es kommt mir fast so vor, als sei diese Schnur für meine Kollegen heilig geworden. Ich selber ziehe mittlerweile fast keine Einzugsschnüre mehr ein.
 |
Ans Ende einer jeder anständigen Einzugsschnur gehört ein Zapfen, damit sie nicht abhauen kann. |
Dies ist ein Beispiel erfolgreicher Mission: Ich muss keine Einzugsschnüre mehr einziehen, es tun andere für mich. Ich muss niemanden mehr von deren Nutzen überzeugen, das ist geschehen. Meine Aufgabe ist vollbracht mit der Verkündigung der Guten Nachricht der heiligen Einzugsschnur, jetzt läuft diese gute Nachricht von alleine, wird ohne mein Zutun weiter gegeben. So ist es auch mit der Verkündigung des Evangeliums: Als Pfarrer gebe ich Impulse, so wie ich jetzt auf dem Bau nicht mehr selber in jedes Rohr eine Einzugsschnur einziehen muss, muss ich auch nicht alle Werte, die das Evangelium vertritt wirklich selber leben, das kann ich gar nicht, ich brauche nicht heilig zu sein. Das entlastet auch zu wissen, dass der Samen des Wortes im Menschen genügt, ich muss nicht alles selber machen, ich muss nicht perfekt sein, fehlerfrei sein, heilig sein. Denn heilig wird man einzig und allein durch die Gnade Gottes, immer wieder jeden Tag aufs neue. Und das gilt für alle Menschen gleichermassen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen