Mittwoch, 4. November 2015

Das einzige, das hier noch hilft ist Gnade!

Als ich neulich in einer Ecke auf meinem Sagexbitz hockte, gemütlich mein Nis-Kästchen bearbeitete und dazu Musik hörte, rumorte es gehörig in den Tiefen meines neuronalen Chaos. Stück für Stück bröckelte ein Satz in mein Bewusstsein, den ich im Moment noch so bedenkenswert fand. Ja, vielleicht liesse sich sogar was damit machen, dachte ich mir, doch wenn ich ihn vergesse und das ist bei mir schnell der Fall, nützt mir der Satz auch einen alten Hut, oder vielleicht passender einen alten Bauhelm. Also suchte ich nach etwas, worauf ich schreiben konnte, doch unsere Baustelle ist fast so sauber, dass man vom Boden essen kann. Oh Wunder fand ich doch etwas, worauf ich schreiben konnte:
Sorry das war die falsche Seite, dies ist die richtige Seite:
Können Sie ihn lesen, meinen genialen Gedanken? Nicht? Wie kann man nur Mühe haben meine Schrift zu lesen?!?!?!?!? Also halt, hier eine Transkribierung meiner wundervoll gepflegten Handschrift: Gnade ist nicht eine Worthülse, sondern eine Herzenstat. Oder besser gedeutscht: Gnade ist keine Worthülse, Gnade ist eine Herzenstat. Ich habe dann das Stück Plastik, worauf ich meinen Gedanken geschrieben habe, im Batteriefach meines Baustellenradios verräumt und weiter gearbeitet. Heute habe ich dann begriffen, was diese Worte bedeuten könnten, es hat sich folgendes ereignet:
Immer wieder wurden Schalungsschoner so eingelegt, dass sie nicht in den Wänden sind, davon habe ich ja bereits berichtet. Aber wir wussten einfach nicht warum. Doch jetzt hat sich das Geheimnis gelüftet, als wir unseren Plan mit dem des Lüftigers verglichen haben.

Säulen auf unserem Plan sind fast quadratisch und messen
20 cm
Plan des Lüftigers, Säulen sind
eindeutig rechteckig
Auf unseren Plänen sind die Stützsäulen nur 20cm  breit (siehe Bild), in Tat und Wahrheit sind sie aber 32cm breit, das ergibt eine Differenz von 12cm. Wenn man nun von der Innenseite der 32cm Säule mit den Massen auf dem Plan mit einer 20cm Säule misst, ist dann jedes Mass um 12cm daneben.
Gem. unserem Plan, gemessen ab Innenseite Säule, endet die
Wand erst bei 110cm
Es ist nun auch so, dass man auf der Decke beim Einlegen nicht unbedingt die Masse der Säule nachvollziehen kann, was alles noch verzwackter macht.
Nun, wenn sowas passiert, wird immer schnell die Frage "Wer ist schuld?"  relevant. Irgendwer muss dann die Löcher, die wir jetzt spitzen müssen wieder zuputzen, irgendwer muss des Zuputzers Stunden bezahlen, die sicher teurer sind als die einer Putzfrau. Also wer ist schuld? Der, der die 20cm Säulen im Plan eingezeichnet hat? Der, der eingelegt und nicht gemerkt hat, dass die Säulen breiter sind, als im Plan eingezeichnet? Oder der Lüftiger, der sich erfrecht einen anderen Plan zu haben als wir? (Der arme Lüftiger, kann sicher nichts dafür, aber ein Sündenbock kann zur Not auch nichts schaden!)
Ein Sündenbock kann vielleicht nichts schaden, aber Gnade kann echt helfen! Warum stellt sich in unserem Beispiel eigentlich die Schuldfrage? Warum können wir nicht einfach zur Kenntnis nehmen, dass sich irgendwo, irgendwie ein Fehler eingeschlichen und sich auf ober lästige Weise perpetuiert, fortgesetzt hat? Wieso können wir nicht akzeptieren, einen Teil des Problems zu sein, zu dem viele ihren Teil dazu beigetragen haben?
Uns fehlt es an Gnade. Wir sind zuwenig gnädig. Dabei würde Gnade doch so einfach funktionieren: OK, du hast Scheisse gebaut, Schwamm drüber! 

  1. Wer Gnade erfahren will, muss zuerst einmal selber zu sich selber gnädig sein. Ich muss mir meine Fehler, meine Unzulänglichkeiten, ja, letztlich mein Menschsein eingestehen und vergeben können. Als Mensch, und da hilft kein Fluchen und kein Beten, werde ich immer Fehler machen, so lange ich existiere, so lange ich bin, so lange ich atme. Aber ich muss mit meinen Fehlern umgehen, ich muss sie mir immer wieder auch vergeben, ich muss gnädig zu mir sein, sonst überfordere ich mich mit meinen eigenen Ansprüchen.
  2. Als Menschen erhalten wir täglich immer wieder von anderen Menschen Gnade geschenkt. Und so wie wir sie geschenkt bekommen, sind wir eingeladen sie immer wieder anderen zu verschenken. Gnade verschenken heisst aber nicht, sich alles gefallen zu lassen, denn es bringt nichts, Gnade zu verschenken und dem Anderen immer noch grollen, in dem Fall hat man eine Migros Budget Gnade verschenkt, die letztlich keine ist. Es bringt aber auch nichts einem Menschen immer wieder Gnade zu schenken, der immer wieder die selben Fehler macht. Wir helfen niemandem mit unserer Gnade, wenn das Gegenüber nicht bereit ist, an sich zu arbeiten und so auch die geschenkte Gnade zu empfangen.
  3. Die Gnade Gottes ist zumindest in den Buchreligionen Judentum, Christentum, Islam gleichermassen wichtig: Im Alten Testament im 1. Mos. 8 verspricht Gott nach der Sintflut sowas den Menschen nie mehr antun zu wollen, Gott lässt Gnade walten. Im neuen Testament spielt die Gnade Gottes sowieso eine zentrale Rolle, so zum Beispiel in Röm. 6, 23 wo das ewige Leben als Gnade, als Geschenk Gottes beschrieben wird. Auch im Koran wird in Sure 7,156 Allahs Gnade beschrieben, die für alle Menschen gilt, die recht handeln. Recht handeln heisst nach bestem Wissen und Gewissen handeln, weil wir Menschen sind, schleichen sich dennoch Fehler ein.
Nun, der langen Rede, kurzer Sinn: merken wir uns diesen Satz, sagen ihn zu uns selber immer wieder von Herzen, sagen ihn aber auch immer wieder von Herzen unseren Mitmenschen, denn Gott, JHWH, Allah oder wie wir dem Göttlichen auch immer sagen mögen, sagt es uns auch immer wieder mit jedem Atemzug, Tag täglich: 
OK, du hast Scheisse gebaut, Schwamm drüber! 

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