Mitten auf der Baustelle eine Himmelsleiter, wie sie im Alten Testament Gen. 28,11 Jakob im Traum erschienen ist. Dieses Treppenelement, das auf dem Dach von Block C auf seinen Einbau wartet, ist für mich heute Sinnbild für die schweren Momente des Lebens geworden. Momente, die vom Abschied, die von Trauer bestimmt sind. Momente, in denen sich Ohnmacht im Leben breit macht, Ohnmacht, das Geliebte nicht halten zu können, Ohnmacht, das Geliebte für immer zu verlieren. Trauer. Trauer ist der Moment, in dem die Seele verletzt ist und blutet. Ja, die Seele kann verletzt sein zum Beispiel durch den Tod eines geliebten Menschen, durch den Tod eines geliebten Tieres. Trost. Trost kann und will die Trauer, die Wunde an der Seele nicht weg machen, Trost ist bloss eine Art Verband, dass die Seele nicht mehr so heftig blutet, dass die Seele nicht verblutet. Ich sehe diese Treppe, diese Himmelsleiter als Bild für den Trost. sie verweist von der Erde in den Himmel, ins Universum, den Ort der Unendlichkeit. Es ist wider die Logik, die physikalischen Gesetze des Universums, es ist wider die Liebe Gottes, dass irgendetwas, das wir je geliebt haben, durch den Tod verloren ginge. Es ist noch da, anders, nicht mehr greifbar, nicht mehr jeder Zeit verfügbar, nicht mehr berührbar, aber es ist noch da. In unseren Gedanken und Gefühlen ist es noch ganz konkret da. In unseren Erinnerungen, in unserem Leben, leben die Geschöpfe, die wir je lieb gewonnen haben und die auch unsere Liebe erwidert haben, weiter. Die Treppe in den Himmel sehe ich daher als Sinnbild für eine ganz konkrete Hoffnung: Leben kann nicht ein Zufall sein, Leben ist gewollt. Leben kommt von Gott, sein Lebensatem macht uns, macht jedes Geschöpf lebendig. Gott gibt diesen Lebensatem, Gott nimmt ihn auch wieder. Das Leben aber bleibt, es bleibt ewig, weil es von Gott kommt. Es bleibt ewig, weil es diese Welt verändert hat, auf dieser Erde etwas bewirkt hat.
Glaube. Glaube sehe ich gewissermassen als Narbe an unserer verletzten Seele. Es ist das Vertrauen, aber auch die Erkenntnis, dass das Leiden, dass der Abschied, dass die Trauer, die Hoffnung aufs Leben gesehen Sinn machen. Es ist die Erkenntnis, dass mein kleines bedürftiges Ego nicht der Angelpunkt der Welt sein kann, sondern ein grösseres Ganzes. Ob ihr dem jetzt Allah, Gott, the intelligent Designer, Natur, Urknall, Nirvana oder wie auch immer sagen wollt, wichtig erscheint mir die Einsicht: wir alle sind ein wesentlicher gewollter, geliebter Teil eines grossen Ganzen und in diesem Zusammenhang sind unsere Erfahrungen wichtig, gerade die schweren. Und weil wir alle, Menschen und Tiere gewollt, geliebt sind, leben wir ewig, ewig als ein Teil dieses Universums.
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