Montag, 30. November 2015

Was ein Kamel mit einem Schaltzimmer zu tun hat.

Heute ist mir auf der Baustelle mein theologisches Wissen einmal mehr hilfreich gewesen und das nicht nur beim Quizduell. (obwohl ich dort immer wieder schmerzlich erfahre, dass ich bei den Fragen über die griechische Mythologie  abloose, schande, schande, schande. Aber dazu vielleicht ein andermal mehr, aber wahrscheinlich auch nicht.)
Heute ist uns jemand begegnet, der bis oben prall gefüllt war mit Heiligem Geist, an sich eine erfreuliche Tatsache. Er war so sehr damit erfüllt, dass er uns an dieser Fülle teilhaben wollte, wäre ja auch ganz nett, vorausgesetzt wir hätten dieses Geschenk in dem Masse annehmen wollen, wie uns der Andere damit übergoss. Meine Zurückhaltung seine Gaben zu estimieren und in Anspruch zu nehmen und meine Offenheit anderen Religionen gegenüber, veranlassten den Herrn in mir gleich den Satan zu sehen, womit ich ohne weiteres leben kann. Dabei sehe ich hinter der ganzen Geschichte ein riesiges Missverständnis, das sich immer wieder einstellt, wenn man aufhört selber zu denken, kritisch zu fragen und alles, was einem gesagt, gedruckt oder geflimmert wird als bare Münze zu nehmen.
Glauben, auf hebräisch, aman, heisst wissen und wissen hat viel mit denken, selber denken zu tun, etwas, das leider nicht allen Leuten gegeben zu sein scheint, auch mir nicht immer. Ich habe gelernt, die biblische, aber auch historische Texte kritisch zu hinterfragen, aber wie sieht es mit den Plänen auf der Baustelle aus, müsste ich für sie nicht auch ähnliche Kriterien anwenden?
In jeder Wohnung auf unserer Baustelle steht auf den Plänen der Begriff "Schaltzimmer" Was um alles in der Welt ist ein Schaltzimmer? habe ich mich immer wieder gefragt. Hat es etwas mit einer Elektro- oder Sanitärverteilung zu tun? oder geht es um die Lage des Zimmers innerhalb der Wohnung? Oder hat es am Ende etwas mit der Statik zu tun? alles weit gefehlt! Das Schaltzimmer auf unseren Plänen hat etwas mit dem Gleichnis vom Kamel, das durchs Nadelör geht zu tun. In Mk 10,25 ist zu lesenEher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Reich Gottes. Ein lustiges Bild, das Kamel, das durch das Nadelör geht. Irgendwie geht es aber nicht auf. In anderen Lesarten steht statt κάμηλος was eben "Kamel" heisst, κάμιλος was "Ankertau" heisst. Das η wurde möglicherweise im Koine- Griechisch ähnlich ausgesprochen wie das ι was zu einem Abschreibefehler geführt haben könnte. Also ursprünglich könnte unser Gleichnis heissen: Eher geht ein Ankertau durch ein Nadelöhr als ein Reicher in das Reich Gottes. Das ist logisch, wenn auch nicht mehr so lustig. Wenn ich den Text nun so hinterfrage, mit anderen Lesarten spiele, mit verscheidenen Übersetzungsvarianten weitere Sinnmöglichkeiten erschliesse, wird der Bibeltext menschlich, ist er ja auch, aber das wird dann bewusster. Mit dem Bewusstsein, dass biblische Texte menschlich sind, wird es kaum möglich sein, sie jemandem als absolute Wahrheit überzustülpen. Biblische Texte wollen befragt, hinterfragt, kritisiert, abgelehnt, geglaubt, geliebt, gehasst - kurz gelebt werden. Sie müssen immer wieder neu interpretiert und entsprechend den Lebensumständen ausgelegt werden. Schliesslich wollen biblische Texte von jeglicher Art Fundamentalismus befreit werden, der sie ins Korsett einer einzigen ihm genehmen Lesart stecken will.
Und was ist jetzt mit unserem Schaltzimmer? Tja, das ist eine ähnliche Geschichte wie mit dem Kamel und dem Nadelöhr: Wie es aussieht hat irgendwer irgendwann die einzelnen Zimmer des Projekts beschriftet. Vielleicht hat die Spracherkennung beim Eingeben ein Wort vorgeschlagen der Jemand hat Schla gelesen, statt Schal und schon hat der Jemand Enter gedrückt, und mit Copy Paste wanderte das Schaltzimmer in jeden Plan, jeder Wohnung unserer Überbauung, aber eigentlich müsste es Schlafzimmer heissen.
Was lernen wir? Wir können nicht genug hinterfragen, wir können nicht genug selber denken, wir können nicht genug, das was uns - egal auf welchem Kanal - vorgesetzt wird prüfen, denn Glauben, Aman, heisst wissen glauben kann daher nur, wer selbständig denkt.

Freitag, 27. November 2015

Das Werk einer Woche, sehen Sie selber

"Wugge isch vergange, wie rouge a Baggeli Sigarette" Nichts neues. Doch was habe ich eigentlich diese Woche alles gemacht? Um das herauszufinden brauche ich nur über die Baustelle zu gehen. Das habe ich heute Abend gemacht, leider sind die Bilder zum Teil etwas schlecht, meine Handykamera ist nicht die beste, dafür ist sie die einzige, die ich habe:
Montag war einlegen, eigentlich nur am Morgen, denn am Nachmittag hatten wir frei, weil die Berner ihre Stadt mit diesen stinkenden Knollen verpesten mussten, wie heissen die Dinger nun schon gleich? Ach ja Zwiebeln.

Liebe Gemeinde, liebe Nation, ganz Europa, liebe Welt, seht, was ich diese Woche alles geschaffen habe:
 Finden Sie nicht auch ich hätte bei dieser Leistung jetzt mein Wochenende redlich verdient? Rhetorische Frage klar, drum lesen wir uns am Montag wieder.

Ihr electro-pastor.





















Donnerstag, 26. November 2015

Bauen als Gottesdienst?

Das Gerippe, die "Zeltstangen"
Die Wände, die "Zeltplanen" noch halb in der Verpackung
Wir bauen an unseren Häusern mit einer Ernsthaftigkeit, als würden sie für die Ewigkeit gebaut. Wir installieren, wir montieren, wir richten ein, debattieren technische, ästhetische... Fragen, als wären diese entscheidend für den Fortbestand des Universums. Dabei schlagen wir bloss ein Zelt auf, die Stangen sind nicht aus Metall, sondern aus Holz, Backstein und Beton, doch das macht keinen Unterschied, unsere Häuser, die wir bauen, sind Zelte, temporär, errichtet auf Zeit. Dies ist mir so richtig bewusst geworden, als heute die Wände des C-Blockes geliefert und montiert wurden. OSB- Isolation Fermacell. Die Wände schwebten am Haken des Kranes auf das Gerippe des C-Blockes zu und wurden dann da in no time von drei Mann montiert, eben, wie wenn man ein Zelt aufbaut. Dies wirft auch Fragen auf. Fragen nach der Beständigkeit, der Dauerhaftigkeit des Lebens.
Im Psalm 61, 5 lesen wir: Lass mich Gast sein in deinem Zelt auf ewig, Zuflucht suchen im Schutz deiner Flügel. Geborgenheit finden wir nicht in irdischen, von Menschenhand gemachten Gebäuden. Diese sind Temporärbauten, ausgelegt für einige Generationen. Sie bieten uns nur einige Jahre Zuflucht und Schutz, entweder wir verlassen sie nach einiger Zeit oder die Bauten werden abgerissen, wie die Vorgängersiedlung unserer Neubauten, die übrigens weniger alt wurden, als die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschen.
Die Wände werden montiert, die "Plane" wird gespannt
Rührt unsere Ernsthaftigkeit wie wir an unseren Häusern bauen am Ende vom Bedürfnis uns unter die Zuflucht, das Zelt, die Flügel Gottes zu begeben? Obwohl wir der Geborgenheit des Ewigen, des Göttlichen bedürfen, suchen wir Geborgenheit in endlichen Dingen in dieser Welt in diesem Leben, suchen Halt und Beständigkeit in einer Welt, die ewig im Fluss ist. Ist das unsere Motivation zu bauen? Bauen als Ausdruck eines religiösen Bedürfnisses? Nun übertreibst Du ein bisschen, lieber Electro-Pastor!
Was aber bleibt ist unsere Vergänglichkeit, was auch bleibt ist unsere Ernsthaftigkeit unser Leben und diese Welt zu gestalten um der Vergänglichkeit entgegen zu wirken und was bleibt ist das grosse Bedürfnis des Menschen nach Geborgenheit, Zuflucht und Schutz, Geborgenheit, Zuflucht und Schutz unter den Flügeln Gottes.


Mittwoch, 25. November 2015

Von der heiligen Einzugsschnur

Heute hat jemand nach mir gefragt, indem er sinngemäss sagte: "Wo ist der Heilige?" Diese Titulierung ehrt mich natürlich unglaublich, wenn sie vielleicht auch leicht übertrieben sein könnte.
Einzugsschnur in ihrer natürlichen Umgebung:
einem Multimediarohr, das zunächst Leerrohr bleibt.
Wir Reformierten tun uns ja eher schwer mit dem "Heiligen". Eigentlich kennen wir nichts Heiliges, ausser einzig und alleine die heilige Schrift des alten und neuen Testaments. Oder als Reformierte sind alle Menschen heilig, weil alle Menschen, egal, was sie auf dem Kerbholz haben, durch die Gnade Christi heilig und rein sind, immer wieder durch die Gnade heilig und rein werden.
Einzugsschnüre in der Steigzone führen bisweilen auch
zu einem Durcheinander
Ich sehe im Begriff "Heilig" eher einen Prozess, denn einen Zustand, es ist der Prozess des Freiwerdens von Sünde. Als Reformierte kennen wir keine heiligen Gegenstände, Gegenstände sind für uns immer profan, irdisch, was auch für die Bibel als Buch gilt, nicht das Buch als Papierhaufen ist heilig, sondern dessen Inhalt, das Wort. Doch bei uns auf der Baustelle hat sich doch etwas Heiliges eingeschlichen. Ich habe dieses Heiligtum eingeführt oder wollen wir sagen, ich habe damit die Baustelle verseucht.
Die heilige Einzugsschnur!
Als ich auf die Baustelle kam, begegnete unser Chef der Einzugsschnur mit grösster Skepsis. Nach grosser Evangelisation diesbezüglich hat er mir einen Knäuel bestellt, und mir diesen mit den Worten überreicht "Hie hesch dini Schnuer, aber wenn de wieder vo dere Boustell geisch chunt die de mit" Ich weiss nicht, wie viele Knäuel dieser Schnur wir bis heute eingezogen haben, was ich weiss, sie wäre nicht mehr von unserer Baustelle wegzudenken - und es kommt mir fast so vor, als sei diese Schnur für meine Kollegen heilig geworden. Ich selber ziehe mittlerweile fast keine Einzugsschnüre mehr ein.
Ans Ende einer jeder anständigen
Einzugsschnur gehört ein Zapfen,
damit sie nicht abhauen kann.
Dies ist ein Beispiel erfolgreicher Mission: Ich muss keine Einzugsschnüre mehr einziehen, es tun andere für mich. Ich muss niemanden mehr von deren Nutzen überzeugen, das ist geschehen. Meine Aufgabe ist vollbracht mit der Verkündigung der Guten Nachricht der heiligen Einzugsschnur, jetzt läuft diese gute Nachricht von alleine, wird ohne mein Zutun weiter gegeben. So ist es auch mit der Verkündigung des Evangeliums: Als Pfarrer gebe ich Impulse, so wie ich jetzt auf dem Bau nicht mehr selber in jedes Rohr eine Einzugsschnur einziehen muss, muss ich auch nicht alle Werte, die das Evangelium vertritt wirklich selber leben, das kann ich gar nicht, ich brauche nicht heilig zu sein. Das entlastet auch zu wissen, dass der Samen des Wortes im Menschen genügt, ich muss nicht alles selber machen, ich muss nicht perfekt sein, fehlerfrei sein, heilig sein. Denn heilig wird man einzig und allein durch die Gnade Gottes, immer wieder jeden Tag aufs neue. Und das gilt für alle Menschen gleichermassen.


Dienstag, 24. November 2015

Mann o Mann!

Je länger ich als electro-pastor arbeite, desto klarer zeichnen sich die Unterschiede zum Pfarramt ab. Und hier haben wir schon der erste grössere Unterschied: Elektromonteur ist ein Beruf, den man einmal erlernt hat und beherrscht, die einen mehr, die anderen weniger. Wenn ich am Abend von der Baustelle nach Hause gehe, habe ich Feierabend, bin ich gewissermassen nicht mehr Elektromonteur. Dann steige ich in den Zug und treffe Menschen aus der Gemeinde, beginne ein Gespräch, dann bin ich voll und ganz Pfarrer. Pfarrer sein ist deshalb kein Beruf, es ist ein Amt. Ich habe das Amt inne, deshalb gibt es keinen Feierabend, keine Arbeitszeit, aber auch keine Überzeit. Das tönt jetzt anstrengend ist aber in Tat und Wahrheit eine grosse Ehre: Ich bekomme sehr viel von den Menschen geschenkt, das wohl grösste Geschenk, das mir die Menschen machen ist ihr Vertrauen. Dass mir nicht alles zuviel wird, dafür bin ich selber verantwortlich. Diese Abgrenzung gelingt mal mehr, mal weniger.
Worüber ich aber heute schreiben wollte, ist ein grosser Unterschied über den man heute - und schon gar nicht als Mann - fast nicht mehr schreiben kann, schreiben darf: Der Genderunterschied, der Unterschied der Geschlechter. Konkret: Das Arbeiten mit Männern ist entschieden anders als das Arbeiten mit Frauen. Eigentlich logisch, doch dennoch wenig bewusst. Innerhalb kirchlicher Kreise ist die Feminisierung des Gemeindelebens, trotz vereinzelter Männergruppen, nicht zu übersehen. (Pachmann (2011) Pfarrer sein, S. 175) Bevor ich auf der Baustelle arbeitete, war mir das nicht so bewusst. Doch der Unterschied in der Arbeitsweise ist eklatant. Was ich beobachte: Männer brauchen viel weniger Worte, gut das ist eine Binsenwahrheit. Arbeiten werden sehr direktiv vergeben, ebenso werden auch Aufträge erteilt, keine Diskussion, kein formales Bittibätti für die Seele. Wenn etwas nicht so läuft, wie es sollte, wird dies ganz direkt und unverblümt gesagt. Eben so direkt und unverblümt setzt sich der Beschuldigte auch zur Wehr oder anerkennt unumwunden seine Schuld ein. Emotionen werden nicht offen gezeigt, auch das kommt schon in diesem Zusammenhang einer Plattitüde gleich. Wenn Männer traurig sind, reden sie oft nicht darüber. Viele sagen, was sie z.B. traurig macht, dann schweigen sie. Die Männer um den Trauernden sind einfach da, schweigen, machen mit dem Trauernden zusammen eine Arbeit oder gehen gemeinsam einen Weg, sie akzeptieren auch, wenn der Trauernde einfach alleine sein will. Ich denke für viele Männer hat der Begriff "Empathie" (Einfühlungsvermögen) eine ganz andere Bedeutung: Viele Männer fühlen sich verstanden, wenn sie das, was sie belastet einfach mal in wenigen Worten sagen können, aber nicht darüber detailliert sprechen müssen und auch die Erwartung nicht besteht dass sie darüber detailliert sprechen. Ich denke, Seelenstriptease ist kein urmännliches Verlangen. Gespräche über männliche Emotionen sind sehr oft Kurzgespräche. Männer zollen einander viel Anerkennung. Das Urteil: "Das hast du nicht schlecht gemacht" Meint eigentlich - natürlich stark vom Kontext abhängig: das hast du sehr gut gemacht. Wenn unter Männern kein Lob und keine Anerkennung kommt, ist alles in bester Ordnung, was ja an sich ein Kompliment ist. Viele Männer zeigen ihre Gefühlsschwankungen, die sie haben, nicht so offen. Viele haben sich eine Strategie zurecht gelegt, ausgeglichen zu wirken. Frauen sind da offener, viele zeigen ihre Gefühle offener. Ich bin allerdings nicht überzeugt, dass Frauen insgesamt emotionaler sind als Männer, die männliche Emotionalität drückt sich bloss anders aus. Pachmann (S. 178) schreibt, männliche Themen seien vorwiegend handfester Natur: Aggression, Politik, Geld, Handwerk, Sexualität. Letzteres wird, obwohl in der Gesellschaft immer breiter diskutiert, gerade in religiösen Kreisen immer mehr auch tabuisiert.
Ich habe dank dieser electro-pastoren- Erfahrung viele Impulse zur Arbeit mit Männern erhalten. Ich muss diese nun gut bedenken und überlegen, was das für das kirchliche Leben bedeuten mag.

Montag, 23. November 2015

Mike Shiva des Einlegens - über die Gabe der Prophetie

Das Verlangen in die Zukunft zu schauen, ist zutiefst im Menschen angelegt. In der Bibel sind es die Propheten, die mehr oder weniger erfolgreich versucht haben, die Menschen wach zurütteln und zur Umkehr zu bewegen. Oder es ist Lot, der direkt von Gott gewarnt wird vor der Zerstörung Sodoms und Gomorras mit Gott verhandelt, damit er die Städte nicht zerstöre. Oder auch Mose, dem Gott im brennenden Dornbusch begegnet und ihm sagt: "Ich bin der, der ich sein werde." Prophetischer geht es fast nicht mehr, denn bei Gott ist alles offen. Und natürlich die drei Boten, die Abraham bei der Terebinthe von Mamre begegnen und ihm prophezeien Sarah werde schwanger, der Anfang getrennter Kulturen, getrennter Religionen Islam, Judentum, Christentum. Kurz Prophetie ist eine bedeutende Begabung, über die in der Bibel immer und immer wieder berichtet wird.
Aber auch im Alltag eines electro-pastors ist Prophetie an der Tagesordnung:
Auf diesem Bild ist zu sehen, wie wir heute, das heisst, wie meine Kollegen heute, mit den Multimediarohren einen grossen Bogen um die Aussparungen gemacht haben. (Ich selber habe in einer anderen Ecke der Decke gearbeitet) Es könnten ja noch im Bereich der Aussparungen Kernbohrungen gemacht werden und wir wollen nicht dass, unsere Rohre wieder durchtrennt werden, so das prophetische Denken meiner Kollegen. Oder wie man so schön sagt: "In weiser Voraussicht" haben meine Kollegen einen grossen Bogen um die Aussparungen gemacht, damit die Rohre nicht von Kernbohrungen durchtrennt werden. Um zu wissen, dass es auf unserer Baustelle immer und immer wieder überall Kernbohrungen kommt, muss man kein Prophet sein, das lehrt die Erfahrungen. Aber ist nicht genau das Prophetie: Den eigenen Erfahrungsschatz auf die mögliche Entwicklung der Zukunft anzuwenden? Vielleicht hat Prophetie auch etwas damit zu tun das Gelernte im richtigen Moment am richtigen Ort anzuwenden. Doch leider machen wir auch immer wieder die umgekehrte Erfahrung: Trotz aller Voraussicht, trotz aller Erfahrung kommt es genau so, wie man es nicht wollte:
Sie sehen hier eine Kernbohrung auf dem Dach des C-Blockes, genau an der Stelle über die ich am 28. Oktober berichtet habe. Auch damals haben wir in weiser Voraussicht die Rohre weiträumig um die Aussparungen herum geführt und was ist geschehen? Verbohrt durch eine Kernbohrung. Unsere Prophetie damals lag falsch, die weise Voraussicht war für die Katz. Halt! Nein! Hätten wir nicht aufgepasst, wären vermutlich noch viel mehr Rohre verbohrt worden, so sind es nur einige wenige. Die Propheten in der Bibel haben es erfahren, auch die Propheten anderer Religionen haben das erlebt, die Prophetie ist immer eine menschliche Gabe und muss deshalb lückenhaft und mit Fehlern behaftet sein. Wir können uns noch so vorsehen, können noch so unsere Erfahrung in den Dienst der Voraussicht stellen, wir werden trotzdem immer und immer wieder die Erfahrung machen die Mose beim brennenden Dornbusch gemacht hat, Gott wird der sein, der er sein wird, und wir haben uns zu arrangieren.

Freitag, 20. November 2015

Was bleibt? Eine Hand voll Staub - oder ein Häufchen Rohrabschnitte.

Schon wieder Freitag, "Wogge vergangen wie raugen a Baggali Zigarette", wie immer halt. Was habe ich alles gemacht in dieser Woche? Um das zu erfahren, brauche ich nur durch die Baustelle zu gehen.
Ich habe viele, viele, dieser Kunstwerke geschaffen. X von diesen Dosen habe ich installiert, die Rohre verlängert, z.T. Schnur eingezogen, Tag für Tag. Dann haben wir noch RWA-Kabel eingezogen, ein Kapitel, über das wir hier lieber nicht ausführlicher werden wollen. Was sichtbar bleibt ist das Werk meiner Hände, das Werk unserer Hände (die RWA-Kabel sieht man nicht, ist auch besser so). Ich habe mir für diese Woche vorgenommen, die hinterste Wohnung im B-Block auf der 2. Etage fertig zu machen. Weil ich aber Ende letzter Woche die letzte Steckdose in der ersten Wohnung des B-Blockes auf der 3. Etage nicht geschafft habe, bin ich jetzt im Verzug, weshalb ich die letzte Steckdose in der 2. Etage in der letzten Wohnung nicht mehr geschafft habe, was ich mir ganz fest vorgenommen habe.
Mein Rückstand hat sich also durch all die Tage hindurch perpetuiert. Ich habe nicht erreicht, was ich wollte, auf einmal war Freitag, 15.30 Uhr, Zeit aufzuräumen, Feierabend. 
Läuft es nicht oft auch im realen Leben so? Man nimmt sich viel, vielleicht zu viel vor, die Zeit rennt, galoppiert, schiebt das, was man erreichen wollte, wofür man sich besonders Zeit nehmen wollte vor sich her und dann ist es auf einmal Freitag, 15.30 Uhr, Feierabend, Schluss, Ende, Aus Amen. Zeit nach Hause zu gehen, ohne dass man das erledigt hätte, was man immer erledigen wollte. Meine Rohre kann ich am Montag immer noch verlängern, kein Problem, aber im realen Leben gibt es leider all zu oft keinen Montag um Verpasstes nachzuholen. Was dann bleibt ist folgendes:
Die Überresten einer Woche. Die Überresten eines Lebens. Physisch ist das nicht viel, eine Hand voll Staub, mehr nicht, was nach Feierabend zurück bleibt. Umso wichtiger, dass wir uns immer und immer wieder neu überlegen, was wir eigentlich genau  im Leben wollen. Was wir auf dieser Baustelle "Welt" zurücklassen wollen an Spuren und Eindrücken, denn was physisch von uns übrig bleibt ist wirklich nicht viel.
Ein stürmisches, regnerisches Wochenende liegt vor uns. Vielleicht eine gute Gelegenheit, zu sinnieren, was wir in unserem Leben noch machen, tun, bewegen wollen.

Na dann sinniert mal schön, ich für meinen Teil mache Feierabend. Wir electro-pastoren uns am Montag wieder.

Euer electro-pastor

Donnerstag, 19. November 2015

Hurra, wir arbeiten auf einer perfekten Baustelle!!!

Auf vielseitigen Wunsch unseres Bosses, werde ich heute mal etwas Positives über unsere Baustelle schreiben. Ich muss Ihnen allerdings ganz ehrlich eingestehen, dass das Unregelmässige, das Unplanmässige, dort, wo man improvisieren muss, weit mehr Freude bereitet, mehr zu erzählen, zu lachen zu fluchen, ganz einfach, mehr zu leben gibt, als das Planmässige. Stellen Sie sich meinen Blog in diesem Stil vor: Wie nicht anders erwartet, haben heute alle Schalungsschoner gepasst. Wie in den letzten drei Wochen sind auch heute alle Muffen flutsch auf die Rohre gesprungen, alle Kästchen im Blei, alle Briden halten, nur die Müsterchen auf der OSB-Platte ändern sich. Dann haben wir Kabel eingezogen, keines war zu kurz, jedes Rohr geht praktisch widerstandslos, so dass man kein Gliss braucht (Mein Kollege, der Glisshasser, freut sich). Wir mussten bis jetzt auch nie Spitzen, weil die Planung so toll war, dass keine Kernbohrungen nötig sind und wenn gebohrt wurde, sind unsere Rohre nicht erwischt worden. Ausserdem lieben sich alle, keiner hasst den anderen, der Löwe spielt mit der Gazelle auf der Deckenschalung und das Häschen hoppelt einträchtig mit dem Fuchs über die Baustelle...
...Gähn, langweilig.

In dem Sinne soll dieser Blog auch ein Votum für das Unregelmässige sein, denn dies ist spannend, dies ist Leben, dies ist Herausforderung, das ist das, was mir auf dem Bau auch so gefällt. Es sind ja schliesslich auch im Leben die Unregelmässigkeiten, die spannend sind.
Eine Vita, die so verläuft: 1979-1982 Primarschule, 1982-1987 Sekundarschule, Sie haben richtig gemerkt, da fehlt ein Jahr, denn der richtige Streber überspringt ein Schuljahr! 1988-1992 Gymnasium, 1992-1998 Theologiestudium, 1999 Vikariat, Ordination, dann folgen in Rekordzeit Assistenzzeit Dissertation in Dogmatik unter dem Titel:  «Gott und das Richtige. Eine Untersuchung zur Rede vom Richtigen ausgehend von §56 abs. 2e bis der Kirchlichen Dogmatik Prof. Dr.Dr. mult. Hans Bärmanns», Prädikat:summa cum laude, Habilitation, zwischendurch Heirat und Kinder ein Mädchen ein Junge, einen Golden Retriever, und eine Tigerkatze, natürlich verstehen sich die Kinder wundervoll, haben nie Streit, sind super in der Schule, überspringen ein Schuljahr, wie auch der Hund in der Hundeschule zwei Kurstage überspringen kann, weil er so brav ist und sich nie mit der Katze streitet, diese wiederum scheisst sich auch nur in Nachbars Garten aus etc. Berufung an einen Lehrstuhl, noch mehr Zapfen, aber nicht noch mehr Kinder, eigene Baracke mit Sonnenkollektoren und Solarzellen, einen Garten mit Gasgrill, einen fetten Autounterstand mit einem silbergrauen Kombi und einem Kleinwagen für ihn, damit er zur Arbeit fahren kann. Segelboot mit Liegeplatz am See, Weihnachtsferien auf den Malediven. Dann folgen Publikationen, Ehrungen, Kongresse, Vorlesungen. Dann mit der Zeit Ehrendoktorentitel, natürlich studieren die Kinder, auch aber natürlich nicht Theologie, sondern Jura im Hauptfach und BWL im Nebenfach und und und.

Die Zuwendung zum Gescheiterten, zum Elenden, zum nicht Perfekten, zum Randständigen hat eine starke theologische Komponente. Die Bibel ist voll von Geschichten über Menschen, die an den Ansprüchen des Lebens gescheitert sind, die randständig sind, sündig geworden sind. Das fängt mit Adam und Eva an und zieht sich durch die Propheten, Evangelien bis hin zu den paulinischen Briefen durch. So sagt Jesus in Mt. 9,20: [...] Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.  Geht aber und lernt, was es heisst: Barmherzigkeit will ich und nicht Opfer. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder. 

Auch wenn uns das Unvollkommene immer wieder an unserem Leben, an unserer Baustelle stören mag, sind wir vom lebendigen Gott selber eingeladen uns mit Barmherzigkeit dem Unvollkommenen in und an uns und in unserem Leben zu stellen und es als Teil unseres Selbst zu akzeptieren.

Und wo bleibt nun das Positive, das ich über unsere Baustelle berichten wollte? Tja, ehm, ja, vielleicht ein andermal...

Mittwoch, 18. November 2015

Einziehen mit Dynamit und frommen Sprüchen

Ein guter Tag fängt morgens an dachte sich der electro-pastor, als er heute morgen auf die Baustelle kam. Auch wenn Morgendstund Gold im Mund hat, ist doch länger schlafen auch gesund. Trotzdem beginnt der electro-pastor frisch, fromm, fröhlich, frei den Tag, installiert sich im 3. Stock und freut sich auf schnelles Vorankommen beim Trockenbau, denn es gilt: Gebe dem Tag Zeit ihn mit Freude zu füllen. Doch als der electro-pastor völlig in seiner Arbeitswut aufgegangen war, kam sein Kollege und teilte ihm mit, er fände ein Rohr nicht. Der electro-pastor weiss, was zu tun ist, denn es steht geschrieben: Wer sucht der findet... steigt auf die Leiter und findet sofort das vermisste Rohr. Das war jedoch in einer Dose, die beim Betonieren von der Schalung abgefallen sein musste, also gilt das Wort: ...Wer anklopft, dem wird geöffnet werden. Das heisst spitzen und hier gilt: Je grösser der Hammer, desto kleiner das Problem. Nachdem die Dose freigespitzt war, ging der electro-pastor wieder an seine Arbeit, denn es gilt, was Goethe gesagt haben soll: das Werk soll den Meister loben. Nach kurzer Zeit kommt der Kollege und bittet den electro-pastor darum, ihm beim Einziehen zu helfen, dafür ist er jederzeit bereit, denn es steht geschrieben: liebe deinen Nächsten, wie dich selbst. So steigt er auf die Leiter, sieht das Einzugsband in der Dose, die Dose Konchen trocken daher heisst es: Schmieren und salben hilft allenthalben.
Also sprüht er eine halbe Dose Electro-Gliss ins Rohr, wie unschwer im Video zu sehen ist. Denn wie die Chinesen es so schön sagen: Immer ist der Erfolg von der entsprechenden Vorbereitung abhängig. Natürlich wird auch am anderen Ende des Rohres geschmiert, denn alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei trifft auch, sonderbarerweise auf das Elektrorohr zu. Nun sind alle auf ihren Positionen, auch der Lehrling, denn er weiss, welch ungeheurer geistreichen Satz Lenin bereits sagte: Lernen, lernen und nochmals lernen das trifft auch und besonders fürs Einziehen zu. Ja, ja, ja jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Prutosozialprodukt... Wir ziehen nach Leibeskräften am Einzugsband und am Anfang läuft ja noch alles recht gut, doch man soll den Tag nicht vor dem Abend loben. Auf einmal kommt  das Kabel immer und immer mühsamer vorwärts, Krüppel und Murks ist angesagt, der electro-pastor ist schon der Verzweflung nahe, wie das nächste Video beweist, bei dem man entweder den Computer dreht oder den Kopf schräg hält, denn Nobody is perfect!
Das Kabel rutscht Zentimeter für Zentimeter durchs Rohr. Mit vereinten Kräften ziehen der electro-pastor und sein Kollege am Einzugsband, denn beiden hochphilosophisch gebildeten Elektromonteuren ist die ganze Zeit bewusst: Eine Kraft muss wollen, oder sie ist keine Kraft. Und die Kraft will, schon ist das rote Ende des Tigerbändelis zu sehen... und noch einen Zentimeter und noch einen halben, und noch zwei Millimeter und dann, zack, fliegen die beiden übereinander, durcheinander, aufeinander. Die Befestigung war gerissen! Tja, da kann man dann sagen: Scheitern ist eine Chance für einen Neubeginn. Also zurück auf Feld eins.

Doch wie heisst es immer so schön: Nie den Mut verlieren das Einzugsband wird wieder hineingestossen, wie sagt der Chinese so schön gegenseitige Hilfe macht auch arme Leute Reich. Das muss sich mindestens der Chef gedacht hat, der die drei völlig verzweifelt im Block B vorgefunden hat, denn guter Rat ist hier reichlich teuer. Doch der Chef führt die drei in die Kunst des Das-Kabel-versetzt-anmachens ein. Der electro-pastor umwickelt unter lautstarkem Protest des Chefs das ganze noch mit Siga-Band. Dann wieder viel, viel Gliss, denn Gliss ist besonders wichtig, da hilft kein Fluchen und kein Beten mein lieber Freund und Kupferstecher. Mit der genialen, selbstlosen Hilfe des Chefs, brachten die, mittlerweile vier, exakt um 12 Uhr das erste von vier Kabel, die für diesen Vormittag geplant gewesen wären, ins Rohr, Dabei bestätigt sich doch immer wieder die Weisheit: Geduld ist ein Baum, dessen Wurzel bitter, dessen Frucht aber sehr süss ist. Nach dem Mittagessen ging der electro-pastor wieder fröhlich ans Werk, bis ihn sein Kollege abermals um Hilfe bat, denn er muss sich an das dänische Sprichwort erinnert haben: suche Rat bei Gleichen, Hilfe bei Überlegenen. Doch natürlich ist eine solche Überheblichkeit eines electro-pastors nicht würdig, denn es steht geschrieben: Wer unter euch der grösste sein will, soll euer Diener sein. Wie auch immer. diesmal hat der electro-pastor das Kabel am Einzugsband befestigt mit dem Stossgebet: Gott gebe, dass es klebe.
Dann heisst es abermals:
Gewalt ist die Hand des Verstandes!  So ziehen die drei mit derartiger Kraft am Einzugsband denn sie wissen: Vertraue deiner eigenen Kraft. Bis das Einzugsband reisst, einfach reisst, kaputt Ende, aus Amen!
Nicht verzweifeln, lieber electro-pastor auch wenn Descartes gesagt hat: Verzweiflung ist Angst ohne Hoffnung. Nicht der Papa wird schon richten sondern der Chef wirds schon richten, indem er für das Band eine neue Öse bestellt und dann wird alles wieder gut! Danke Chef, wir werden Dir ein Monument bauen, der Mauerer hat den Auftrag für den Betonsockel vor der Baracke schon!


Nun ist das Band also, abgerissen, futsch, jetzt müssen aber die Drähte, bzw. das Kabel wieder aus dem Rohr raus. Mit vereinten Kräften wird es wieder hinausgezogen. Mehr Trost findest du nirgends als in der Dankbarkeit, als das Kabel wieder draussen ist, es hätte auch sein können, dass wir es nicht mehr hätten zurückziehen können. Und ein weiterer Trost war, dass die Isolation der Drähte sowieso durch unser Gemurkse total beschädigt wurde, also hätte das alles sowieso nicht funktioniert.
Es ging schon unglaublich stark auf Feierabend zu, als unser Lehrling, der in dieser Sache das letzte Wort hatte, indem er die aufgerollten Drähte nachdenklich anschaute und sagte:

Die ganze Dräht si jetzt eifach füre Arsch!


Dienstag, 17. November 2015

Beruf-Profession-Berufung

Heute Abend habe ich mich ganz normal von meinen Kollegen verabschiedet, bevor ich die Baustelle verliess, da hat ein Kollege zu mir gesagt: "Gottver[den Rest kann sich der geneigte Leser ja denken] wie die Pfärrer hüt afang rede?!?"  Dabei habe ich mich ganz normal, d.h. für mich ganz normal verabschiedet. Die Bemerkung meines Kollegen finde ich sehr interessant, denn wie reden Pfarrer, was sagen sie und was sagen sie nicht? So wie ich mich verabschiedet habe, kann man sich als Elektromonteur durchaus verabschieden, aber offenbar nicht als Pfarrer. 2008 hat sich ein junger Pfarrkollege in einer Fachzeitschrift [Reformierte Presse] zitieren lassen, Pfarrer sei ein geiler Job. Es hagelte Leserbriefe, wegen dem Wort "geil", wieso eigentlich? (Gail kommt vom Hebräischen und heisst Jauchzen, Jubeln).

Dietrich Rössler schreibt der Pfarrberuf sei ein "Weltanschauungsberuf". Was heisst das? Was ich beruflich vertrete ist auch meine persönliche Meinung. Als Elektromonteur kann ich durchaus in einem AKW arbeiten aber persönlich für den Ausstieg aus der Atomkraft sein. Als Pfarrer kann ich nicht in der Kirche über die Gnade predigen aber bei all meinen Mitmenschen jeden Fehler suchen und sie kritisieren. Ich kann nicht die Auferstehung und das ewige Leben predigen privat aber nicht daran glauben. Ich kann nicht über die Bewahrung der Schöpfung predigen und Haflinger fahren...
...ehm, ja ... doch das kann ich. Ich kann nicht von Gmeinde sprechen aber selber nicht der Kirchgemeinde angehören. Der Pfarrberuf ist wohl, ob wir das wollen oder nicht, kein Beruf im herkömmlichen Sinne, sondern eine professionalisierte Lebenshaltung.
Und was ist mit dem Elektromonteur? Meine Weltanschauung als Elektromonteur ist meinen NIS-Kästchen, die ich an die Wand schraube herzlich egal. Auch den Drähten, die ich dort einziehen würde, wäre sie egal. Und doch ist auch mein Beruf als Elektromonteur eine Haltung, elektrische Installationen professionell auszuführen, Personenschutz und Gebäudeschutz zu wahren, die NIN einzuhalten oder sie zumindest nicht gerade mit Füssen zu treten. Dem Kunden eine saubere, preiswerte Installation abzuliefern. Mit den anderen Berufsgruppen auf der Baustelle fachlich und menschlich korrekt zusammenarbeiten, etc.
Und hier berühren sich der Pfarrer und der Elektromonteur wieder, denn jeder Beruf hat eine Ethik, jeder Berufsmann hat einen Stolz, übt hoffentlich seinen Beruf als Berufung aus. 
Und ob man das Wort "geil" im Sprachgebrauch führen will, muss der Pfarrer, wie der Elektromonteur selber entscheiden, ich für meinen Teil finde es ein geiles Wort, denn "gail" kommt auch in der Bibel vor.

Montag, 16. November 2015

Ich versteh das alles nicht!

In Gedanken und Gebet bin ich heute bei den Opfern der Terroranschläge in Paris. Sprachlosigkeit, Ratlosigkeit, Unverständnis sind meine Gefühle, die ich empfinde, wenn ich auf diese Schreckliche Tat schaue. Und mir kommen Fragen hoch. Fragen, zu denen es keine Antworten geben wird, vielleicht auch keine geben kann und dennoch müssen diese Fragen gestellt werden:
Wie ich schon verschiedentlich geschrieben habe, arbeiten auf unserer Baustelle x- verschiedene Nationen. All diese Menschen gehören natürlich auch ganz verschiedenen Religionen an. Es werden die verschiedensten Sprachen gesprochen, viele, die auf der Baustelle arbeiten, beherrschen gleich mehrere Sprachen flüssig. Und ich würde auch sagen, viele, nein wohl die allermeisten, die auf unserer Baustelle arbeiten, beherrschen auch den kulturellen Umgang mit anderen Kulturen fliessend. Das heisst nicht, dass es nicht auch Meinungsverschiedenenheiten oder gar Streit unter den Handwerkern geben kann, doch bisher hätte ich noch nie etwas gemerkt. Im grossen und ganzen nimmt man Rücksicht aufeinander, hilft einander, hört einander zu, wenn man ein Problem hat, auch das wird sicher nicht immer der Fall sein, aber ich habe noch nie was anderes erlebt auf dieser Baustelle.

Freitag, 13. November 2015

My Way back home on friday...

Ade la baragga:



















Ade la Baustelle, bis Montag!














Ade la
Casco schöne Wogenende!










Die Zeit vergeht nie so langsam, wie wenn man aufs Tram warten muss...
...doch dann endlich, kommt es um die Ecke...






Im überfüllten Tram beginnt der Feierabend mit dem Studium anderer Leute. Heute haben ältere Damen und Herren hinter mir gesessen und haben ganz nett miteinander geredet. Ich frage mich manchmal, wie es für sie sein muss in diesem total futuristischen Westside zu wohnen, wenn man denkt wie es dort in ihrer Jugend noch ausgesehen haben muss. Dann steigen Jugendliche aller Nationen ein und aus, und sprechen miteinander breitestes Berndeutsch, Jugendliche aller Nationen? Nein! Einheimische Berner (im Gegensatz zu mir, ich bin Freiburger!) So fahre ich im Tram, denke meine Sache, lese - nein schaue - das Blatt an, das den Anspruch hat, dem Volk am Abend News zu bringen, bis das Tram auf die Zielgerade einbiegt:
Dann im Zug lese ich, wenn ich sitzen kann, wenn ich niemand treffe, den ich kenne, wenn ich nicht zu müde bin, wenn es nicht zu sehr ruckelt, wenn ich nicht meinen Bleistift suchen muss, wenn nicht eine Kontrolle kommt, wenn nicht jemand neben mir sitzt, wenn nicht niemand neben mir sitzt, wenn nicht der Zug zu früh gekommen ist, wenn er nicht zu spät gekommen ist, wenn nicht einer am Telefon hängt wenn nicht, wenn nicht, wenn nicht. Doch heute waren die Bedingungen optimal, deshalb habe ich tatsächlich gelesen, weil...

Der Zug hat in Ferenbalm- Gurbrü gehalten, Halt auf Verlangen. Wie mich das nervt, wäre man zu Hause und muss auf offener Strecke halten, doch es steigen dort immer sehr viele Leute ein und aus. Ich habe auch schon den Halteknopf gedrückt, dass der Zug sicher hält, damit ich mich künstlich über meinen selbst verlangten Halt ärgern kann...

In Kerzers angekommen, folgt das schlimmste jeder Reise, egal wohin, egal woher: Vom Bahnhof nach Hause laufen. Das beginnt mit der nie endenden Unterführung, die beim Gehen zu lang ist, wenn man knapp mit der Zeit ist und beim nach Hause kommen, wenn man keine Lust hat, vom Bahnhof nach Hause zu laufen. Ich habe ja nicht weit vom Bahnhof nach Hause, wenn das 300 Meter sind ist das viel, aber nichts desto trotz habe ich mir schon überlegt, ein Auto zu kaufen oder das Mobility zu mieten, damit ich am Abend nicht vom Bahnhof nach Hause laufen muss, zugegeben, ein Luxusproblem, aber etwas Luxus darf der electro-pastor schliesslich auch haben.


Dann My home sweet home, bin ich endlich zu Hause. Nicht dass ich nicht gerne auf der Baustelle wäre, aber das nach Hause laufen vom Bahnhof, das Anhalten in Ferenbalm- Gurbrü, das Warten auf den Zug im Westside und das Warten auf das Tram, machen den Heimweg dermassen beschwerlich, dass man bei aller Liebe zur Baustelle sich freut, sein trautes Heim zu sehen.

Dann die drecken Hudle auf den Boden...








,,,Werkzeug auf den Stuhl, ach so, sorry übrigens lieber Chef, ich habe vergessen den Amiset-Bohrer in der Baracke zu verräumen, er liegt jetzt im Pfarrhaus im Badezimmer...
So jetzt bin ich wieder zivil, schreibe meinen Blog, warte auf meine Familie, dass sie aus der Kinderkiste wieder nach Hause kommt, freue mich auf das Nachtessen und die Geschichten, die alle erzählen werden. 

Ich bin jetzt sieben Wochen auf dem Bau, mehr als die Hälfte meiner Zeit auf der Baustelle ist nun vorbei, mein Herz blutet...


Aber jetzt habe ich erst mal Wochenende, wir schreiben uns am Montag wieder.



Donnerstag, 12. November 2015

Ich bin doch ein Idiot!

Mea culpa I
Was ich noch so humoristisch und mit einem Hauch Überheblichkeit im Blogeintrag vom 7. Oktober berichtet habe, ist heute mit voller Wucht, mit unbarmherziger Härte auf mich zurückgefallen. Am 7. Oktober habe ich in meiner unglaublichen Überheblichkeit, in meiner Grossgekotztheit geschrieben:

Was bleibt mir nun zu tun? Ich werde morgen in Demut spitzen, im Wissen darum, dass wir alle Fehler machen. Klar werde ich ein kleines Bisschen den Kollegen ve
Mea culpa II
rfluchen, der beim Einlegen die Muffen falsch zusammengesteckt hat, aber schlussendlich bin ich froh, dass bei uns niemand unfehlbar ist, am wenigsten ich.
Ich überhebe mich über die Kollegen, die die Muffe beim Einlegen falsch zusammengesteckt haben, aber was mache ich Idiot? Ich bin ja noch viel dämlicher! Ich schreibe im Blog vom 7. Oktober von der Putzsteckdose im 3. OG, aber das ist falsch. Betroffen von der Rohrverwechslung war die Putzsteckdose im 1. OG, und wo habe ich Vollidiot gebohrt? In der Putzsteckdose im 2. OG. Ich habe tatsächlich ein 25er Rohr durch Beton und Eisen gebohrt und mein Kollege hat für mich dann netterweise geschlitzt in der Annahme ich sei in der Lage die Etagen auseinander zu halten. Ich habe mit Mühe und Schweiss gearbeitet und das für die Füx, weil ich mich in der Etage geirrt habe. Mein Kollege wollte heute mit unserem Lehrling die fragliche Steckdose einziehen und hat dann meinen Fehler festgestellt. Da er selber noch einige Durchbrüche führen musste, hat er mir angeboten meinen Fehler im selben Aufwasch gleich auszubügeln, doch "NEIN!" habe ich gesagt, ich muss Busse tun für meine Überheblichkeit, Busse tun für meine grossgekotzten Worte, die ich am 7. Oktober geschrieben habe. 
Doch was ist "Busse tun"?  Im Strassenverkehr ist die Busse ein klarer Begriff, ich fahre zu schnell, werde erwischt, bezahle die Busse und darf in der Regel weiterhin Auto fahren. Wer die Busse nicht bezahlen will oder kann, landet in der Kiste, tut so Busse, und darf dann wieder Auto fahren. Doch die Busse ist nach reformiertem Verständnis eine äusserst freiwillige Leistung, die aus innerer Überzeugung geleistet wird. Busse hat etwas damit zu tun, dass sich ein Mensch von Gott erweckt fühlt, irgendwie sein Wirken im Leben wahr nimmt und aus freiem Willen einsieht, dass er sein Leben verändern muss. Muss? Nein, will! nicht weil das jemand vom Büsser verlangt, so wie die Polizei im Strassenverkehr, sondern weil der Büsser selber sieht, dass es so nicht weiter gehen kann, dass des Büssers Lebenshaltung sein Leben und das Leben seines Umfeldes nicht fördert, sondern mindert. Aus der Busse resultiert dann tätige Liebe. Busse wird im reformierten Sinne wohl nicht primär mit Geld geleistet, sondern mit liebender Tat.
Te absolvo
Zurück zur Steckdose: Meine Sünde war nicht primär, dass ich das Rohr in der 2. statt in der ersten Etage eingebohrt habe, meine Sünde war, in einer überheblichen Grundhaltung einen Blog darüber zu schreiben. Ich habe nicht in Demut gebohrt und gespitzt, sondern in der Überheblichkeit über die, die Rohre falsch zusammen gemufft und das Spitzen erst nötig gemacht haben. Meine Busse ist nun mehrschichtig: Ich bekenne mich hier vor dem ganzen Internet der Überheblichkeit schuldig und ich habe meinen Fehler in liebender Tat wieder ausgebügelt, habe gewissermassen den Staub meiner Überheblichkeit selber wieder gefressen.