Mittwoch, 23. Dezember 2015

electro-pastoren-Weihnacht

weihnacht
damals

als Gott
im schrei der geburt
die gottesbilder zerschlug

und

zwischen marias schenkeln
runzelig rot
das Kind lag


Kurt Marti



...Oder Weihnacht auf der Baustelle, natürlich während der Znünipause, schliesslich verbrauchen wir keine wertvolle Arbeitszeit um auf Elektrorohren Weihnachtslieder zu spielen. 



Es ist ein Ros entsprungen, gemeint ist eine Rose nicht ein Ross, wie der electro-pastor fälschlicher Weise meint. Wer mitsingen will findet das Lied unter der Nummer 399 im reformierten Gesangsbuch (RG).


Ich steh an deiner Krippe hier RG 402. Das Lied stammt von Paul Gerhard und ist eines der innigsten und persönlichsten Weihnachtslieder des Komponisten. Ich zitiere aus: "Gelobet sei der Herr. Erläuterungen zum Gesangsbuch" S. 136: "Der Schüler der alten Mystiker spielt hier durch alle Verse in kindlicher Minne, in Gedanken und Gebärden mit dem süssen Jesulein." Hat jemand schon mal an die Mutter des süssen Jesulein gedacht? Ein Mädchen, eine ganz junge Frau gebirt ein uneheliches Kind in einer Zeit in der eine Frau deswegen ausgestossen, vielleicht gar getötet worden ist? Man kann die Weihnachtsgeschichte als süsse Geschichte, ein Bericht von Eintracht und Frieden im Stall lesen, man kann aber auch den Weg gehen, den Kurt Marti in seinem Gedicht geht, das ich eingangs zitiert habe: Die Menschwerdung Gottes als ganz normaler Geburtsakt mit allem Drum und dran.


O Du fröhliche RG 409 ist von der Melodie her ein sizilianisches Marienlied. Johann Daniel Falk unterlegte die sizilianische Melodie für seine Anstaltkinder mit seinen Worten, ursprünglich eine Strophe für Weihnachten, eine für Ostern und eine für Pfingsten. Später wurde das Lied erweitert und heute kennen wir es vor allem als Weihnachtslied. Interessant finde ich an dem Lied, dass der Text für Kinder wohl in einem Waisenhaus geschrieben wurde. Damit wird auch die Brücke zwischen Jesus in seiner armseligen Geburt im Stall zu den armen Waisenkinder des 19. Jahrhunderts geschlagen und der damit verbundenen christlichen Botschaft: Gott begegnet uns besonders im armen, armseligen, leidenden, traurigen. 
Noch einige Worte zu meiner Interpretation des Liedes auf dem Elektrorohr: Normalerweise halte ich das Lied bis zum Schluss durch, doch ich habe so lange geübt, dass ich, als es ernst wurde, die Töne nicht mehr richtig heraus brachte. Ich arbeite noch an meiner Mundmuskulatur, versprochen!

Stille Nacht, heilige Nacht RG 412 ist ein Lied, das eigentlich nach modernen Masstäben wie ein Lied entsteht, entstanden ist: Joseph Franz Mohr hat um 1816 Den Text des Liedes als Gedicht geschrieben, hat dann ca. 1818 Franz Xaver Gruber gebeten eine Melodie zu dem Gedicht zu schreiben, was der liebenswürtigerweise auch tat. Dann liessen die beiden die Rechte für das Lied, für den Text, wie für die Melodie, verurkunden somit waren ihnen auch allfällige Einnahmen durch Urheberrechte am Lied sicher. Und schliesslich wurde das Lied verbreitet. Interessant ist, dass das Lied in seiner Urfassung nicht für Orgel, sondern für Gitarren Begleitung geschrieben wurde, man konnte also bereits schon im 19. Jh. andere 
Instrumente als die Orgel in der Kirche spielen. Interessant ist jedoch, dass Stille Nacht, heilige Nacht erst im Kirchengesangbuch von 1998 aufgenommen wurde, vorher galt das Lied wohl eher als Volks- denn als Kirchenlied.

Weihnachtslieder auf Elektrorohren gespielt, ist das nicht ein Afront gegen diese hochstehende Musik, ja gegen Weihnachten, das Geburtsfest Jesu Christi? Vielleicht und es mag viellicht auch die besinnlichen Gefühle einiger LeserInnen für Weihnachten verletzen. Mit diesen zum Teil sehr schrägen, sehr verkrampften, sehr herausgepressten Tönen will ich darauf aufmerksam machen, Jesus wurde nicht unter dem Weihnachtsbaum geboren. Er wurde auch nicht in einer warmen Stube, erfüllt mit allen erdenklichen Geschenken geboren. Seine Eltern wohnten auch nicht in einer Villa, waren auch nicht reich, waren auch nicht mittelständisch. Jesus wurde in einem armseligen Stall geboren, niemand hat von dieser Geburt Kenntnis genommen, ausser Randständige, Hirten, Astrologen, Magier, aber nicht die Mächtigen, Einflussreichen seiner Zeit. Die Weihnachtsgeschichte ist eine Elendsgeschichte, eine Elendsgeschichte, deren Verheissung ist: Gott begegnet uns im Elenden, im Armseligen, im Erbärmlichen, ihn im Elenden, Armseligen, Erbärmlichen zu erkennen ist die Tat unseres Glaubens.

weihnacht
damals

als Gott
im schrei der geburt
die gottesbilder zerschlug

und

zwischen marias schenkeln
runzelig rot
das Kind lag


Kurt Marti

Fröhliche Weihnachten und wir bloggen uns wieder im neuen Jahr.

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